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ILIJA TROJANOW

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Autor

Ilija Trojanow

Schriftsteller, Übersetzer, Verleger.

Ilija Trojanow wurde 1965 in Bulgarien geboren. 1971, kurz vor seiner Einschulung, flohen seine Eltern mit ihm über Jugoslawien und Italien nach Deutschland, wo sie in München politisches Asyl erhielten. Ein Jahr später zog die Familie nach Kenia, wo sein Vater als Ingenieur arbeitete. Von 1972 bis 1984 lebte Ilija Trojanow in Nairobi – unterbrochen von einem dreijährigen Aufenthalt in Deutschland (1977-1981).

Nach einem längeren Besuch in Paris studierte er von 1984 bis 1989 Jura, Ethnologie und Havarie an der Maximilians-Universität in München. 1989 gründete er den Marino Verlag, der sich auf afrikanische Literatur spezialisierte. Anfang der neunziger Jahre durchreiste Trojanow Afrika. Aus dieser Zeit stammt sein erstes Buch In Afrika. Mythos und Alltag Ostafrikas (Marino 1993), in dem er schildert, wie sich sein anfängliches Befremden in Interesse und Zuneigung für seine neue Heimat Kenia verwandelt. Nach Naturwunder Ostafrikas (Frederking & Thaler 1994), erschien 1996 Hüter der Sonne. Begegnung mit Simbabwes Ältesten (Frederking & Thaler), das er mit dem Autor Chenjerai Hove verfasste. Im selben Jahr erschien sein erster Roman Die Welt ist groß und Rettung lauert überall (Carl Hanser), der von der Exilerfahrung einer Familie vom Balkan in einem italienischen Asylantenheim handelt.

1998 übersiedelte Trojanow nach Bombay. Aus Indien schrieb er Reportagen und Essays unter anderem für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, die Süddeutsche Zeitung und die Neue Zürcher Zeitung. 1999 erschien sein Essay Hundezeiten. Heimkehr in ein fremdes Land (Carl Hanser) über seine Rückkehr nach Bulgarien. 2001 unternahm er einen dreimonatigen Fußmarsch durch Tansania auf den Spuren des englischen Entdeckers und Orientalisten Sir Richard Francis Burton (1821-1890).

Im selben Jahr erschien das Buch Der Sadhu an der Teufelswand (Frederking & Thaler). An den Inneren Ufern Indiens (Carl Hanser 2003) schrieb Trojanow, nachdem er entlang des Ganges von der Quelle bis zur Mündung gereist war. Im Jahr darauf nahm er an der Hadsch teil; davon berichtet er in dem Buch Zu den heiligen Quellen des Islams. Als Pilger nach Mekka und Medina (Piper 2004).

Im März 2006 erschien sein umfangreicher Roman Der Weltensammler (Carl Hanser), der den Preis der Leipziger Buchmesse gewann und monatelang auf den Bestsellerlisten in Deutschland, Schweiz und Österreich stand.

Seit diesem Jahr verfasst Trojanow regelmäßig Artikel für die Kolumne Das Schlagloch der taz.

Im Mai 2007 erschien der Band Nomade auf vier Kontinenten (Eichborn), und im Herbst 2007 der Essay, geschrieben zusammen mit dem indischen Publizisten Ranjit Hoskoté, Kampfabsage. Kulturen bekämpfen sich nicht, sie fließen zusammen (Blessing).

laif-19210181-Judith-JockelWährend seines Aufenthaltes in Mainz als dortiger Stadtschreiber 2007 dreht er den Film Vorwärts und nie vergessen – Ballade über bulgarische Helden für das ZDF. Der Dokumentarfilm erzählt von Begegnungen mit ehemaligen politischen Gefangenen in Bulgarien und beschreibt die Brutalität der kommunistischen Diktatur sowie die fehlende Aufarbeitung dieser Vergangenheit.

Der entfesselte Globus erschien 2008 im Carl Hanser Verlag. Der Band versammelt verschiedene Reportagen über Indien, Afrika, Asien und Bulgarien.

Seit 2008 ist Trojanow Herausgeber der Reihe Weltlese – Lesereisen ins Unbekannte (Edition Büchergilde), und sitzt der Jury der Weltempfänger-Bestenliste vor, einem Projekt, das zusammen mit litprom (Gesellschaft zur Förderung von Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V.) initiiert hat.

Zusammen mit Juli Zeh veröffentlicht Trojanow im August 2009 den Band Angriff auf die Freiheit. Sicherheitswahn, Überwachungsstaat und der Abbau bürgerlicher Rechte (Carl Hanser). Die beiden kritisieren darin, dass der Staat unter dem Vorwand der Terrorabwehr immer mehr in die Privatsphäre seiner Bürger eindringt.
Das Thema begleitet seitdem beide Autoren. Ende Juli 2013, unter dem Eindruck der Veröffentlichungen von Edward Snowden, wenden sie sich gemeinsam mit zahlreichen anderen Autoren in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und fordern sie auf, die Wahrheit über die Spähangriffe der Geheimdienste auf deutsche Bürger öffentlich zu machen und dagegen vorzugehen. Im Dezember 2013 folgt ein internationaler Aufruf zu diesem Thema, den weltweit 560 Schriftsteller unterzeichnen.

2010 kuratierte Trojanow das 1. Münchner Literaturfest.

Im August 2011 erschien der Roman EisTau im Carl Hanser Verlag.

Seit Januar 2013 ist Trojanow Kurator und Moderator der Gesprächsreihe „Weltausstellung Prinzenstraße“ im Schauspiel Hannover, in der er international renommierte Philosophen, Journalisten, Wissenschaftler und Künstler zu Gast hat.

Gemeinsam mit dem Fotografen Christian Muhrbeck veröffentlicht Trojanow 2013 den Band Wo Orpheus begraben liegt (Carl Hanser). Darin spüren sie dem Leben und Überleben der Menschen in Bulgarien nach. Ebenfalls in diesem Jahr erscheint der Essay Der überflüssige Mensch (Residenz), eine humanistische Streitschrift wider die Überflüssigkeit des Menschen.

Seit 2014 schreibt Trojanow auf derStandard.at den Blog Operama, in dem er in literarischem Ton Inszenierungen bespricht und die heutige Bedeutung der Oper reflektiert.

Im August 2015 erschien der Roman Macht und Widerstand im S. Fischer Verlag. Ilija Trojanow entfaltet darin ein breites zeitgeschichtliches Panorama von exemplarischer Gültigkeit und verdichtet Geschichten von Zeitzeugen zu einer spannenden Schicksalserzählung.

Während der Olympischen Spiele 2012 fasste Ilija Trojanow den Entschluss, alle achtzig Olympia-Sommer-Einzeldisziplinen zu trainieren und dabei halb so gut abzuschneiden wie der Goldmedaillengewinner von London. 2016 erscheint mit Meine Olympiade. Ein Amateur, vier Jahre, 80 Disziplinen (S. Fischer Verlag) der Bericht dieser Selbsterfahrung, zugleich eine Reflexion über Grenzen, die Beziehung von Geist und Körper und das Älterwerden.

Im Mai 2017 erschient der Essay Nach der Flucht (S. Fischer), in dem Ilija Trojanow poetisch und reflektierend von seinen eigenen Prägungen als lebenslang Geflüchteter erzählt und damit eine Topographie des Lebens nach der Flucht entwirft.

Ebenfalls 2017 veröffentlichte Ilija Trojanow den zweisprachigen Gedichtband verwurzelt in Stein(Das Wunderhorn). Darin begibt er sich an vergessene Orte im Khmer-Königreich Kambuja (im heutigen Kambodscha) und erforscht das Jetzt, in dem jede Epoche sich mit Relikten, Fetischen und Psychosen bemerkbar macht. Die Gedichte sind zweisprachig englisch-deutsch, übersetzt von Fabjan Haffner, José F.A. Oliver und Susann Urban.

Im August 2018 erschien „Hilfe? Hilfe! Wege aus der globalen Krise“ (S. Fischer), das Ilija Trojanow gemeinsam mit Thomas Gebauer verfasste. Darin hinterfragen sie die zahlreichen Facetten der Wohltätigkeit, durchdenken, ausgehend von konkreten Beispielen aus der ganzen Welt, das System der Helfens und plädieren für einen kritischen Hilfsbegriff, der zur Selbsthilfe animiert und dennoch grundsätzliche Veränderungen ermöglicht.

Im Herbst 2018 erscheint im Piper Verlag „Gebrauchsanweisung fürs Reisen“. Darin schreibt Ilija Trojanow ausgehend von persönlichen Erlebnissen über Sinn und Ertrag des Vagabundierens, verbindet profundes Reflektieren mit Lustigem und Leichtem und spannt den Bogen bis zum Massentourismus und zum Reisen als Kunst, die es neu zu entdecken gilt.

Trojanow war Gastprofessor an mehreren Universitäten. Im Sommersemester 2007 hatte er die Heiner-Müller-Gastprofessur an der Freien Universität Berlin inne; im Winter desselben Jahres hielt er zusammen mit Feridun Zaimoglu unter dem Titel „Ferne Nähe“ Vorlesungen im Rahmen der Tübinger Poetik-Dozentur. 2009/2010 war er als Gastprofessor am Deutschen Literaturinstitut Leipzig tätig, 2012 als Max Kade Writer am Center for Contemporary German Literature der Washington-University in St. Louis. Die Stefan-Zweig-Poetikvorlesung an der Universität Salzburg hielt Trojanow 2013. 2014 hatte er die Brüder-Grimm-Gastprofessur der Universität Kassel inne. Im Frühjahr 2016 war er Max-Kade-Visiting Professor am Dartmouth College in New Hampshire.

Trojanow wurde mit verschiedenen Literaturpreisen ausgezeichnet, darunter dem Bertelsmann-Literaturpreis beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 1995, dem Marburger Literaturpreis 1996, dem Adalbert-von-Chamisso-Preis 2000, dem Berliner Literaturpreis 2007, dem Mainzer Stadtschreiberpreis 2007, dem Preis der Literaturhäuser (2009), dem Würth-Preis für Europäische Literatur (2010), dem Carl-Amery-Literaturpreis (2011) und dem Heinrich-Böll-Preis (2017). 2018 erhielt er den Usedomer Literaturpreis, den Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln sowie den Vilenica International Literary Award.

Seine Bücher wurden in 31 Sprachen, u. a. ins Arabische, Bulgarische, Chinesische, Dänische, Englische, Farsi, Französische, Italienische, Japanische, Katalanische, Koreanische, Kroatische, Niederländische, Polnische, Portugiesische, Rumänische, Russische, Spanische, Tschechische und Türkische und Ungarische übersetzt.

Interviews:

Ansichten eines Weltensammlers
Doppelzimmergespräch auf fm4 vom 1. Mai 2013

Ilija Trojanow – Der Geschichtensammler
ServusTV-Interview vom 21. Dezember 2013

Von der Recherche als Fundament poetologischer Freiheiten: Interview mit Ilija Trojanow (2013)